Super-Mom Eva Waldemer: „Ich will mutig sein“

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Die Tür des Pfarrkirchner Reihenhauses wird geöffnet und ein kleines Mädchen streckt mir freundlich seine Hand entgegen. Tante Anita ist gerade dabei, die 15 Monate alte Marlene anzuziehen. Die beiden wollen eine Runde drehen. Jeden Freitag bekommt Mama Eva Waldemer Unterstützung von ihrer Tante aus Landshut. Im Wohnzimmer ist der Spagat sichtbar, den die 28-Jährige meistert: Auf dem Teppich liegen Spielsachen, auf dem großen Esstisch Laptop, Notizen, Terminkalender. Eva Waldemer steckt mitten im Organisationswahnsinn, der sich kurz vor dem ersten Super Mom Kongress am 19. November 2017 in Gern breit macht.

„Jede Mama ist eine Super Mom“

Der Kongress, der sich an die Bedürfnisse von „leidenschaftlichen und kreativen“ Müttern richtet, ist ihre Idee. Man könnte auch sagen, ihr zweites Baby. Eva Waldemer redet ruhig und bedacht. Sie spricht aus, was ihr im Kopf umgeht – und das ist viel. „Jede Mama ist eine Super Mom. Wir sind saumüde, überanstrengt – und leisten trotzdem jeden Tag Unglaubliches, auch wenn das von außen oft nicht gesehen und anerkannt wird, weil es scheinbar selbstverständlich ist,“ sagt sie.

Die Idee zum eigenen Kongress kam ihr auf der Suche nach einer Babymesse in der nächsten Umgebung. Sie wurde nicht fündig und beschloss, in ihrer Elternzeit selbst was auf die Beine zu stellen. Und zwar nicht nur eine Messe rund um den frisch geschlüpften Nachwuchs, sondern einen Kongress für Mütter. „Es ist alles dabei, was mit dem Mamasein zu tun hat,“ sagt Eva Waldemer. Reisen, Beauty, Beruf, Sport, Do it Yourself, Schönes und Praktisches, listet die Homepage auf.

Schirmherrin: Josepha Sophia Wagner

Im Gotischen Kasten in Gern werden 35 Aussteller ihre Waren und Dienstleistungen präsentieren – darunter viele arbeitende Mamas.  „Die meisten Ausstellerinnen haben sich in ihrer Elternzeit selbst was überlegt,“ sagt sie. Dazu gibt es ein Referentenprogramm. Und sogar eine Schirmherrin hat Eva Waldemer gefunden: Josepha Sophia Wagner, Schauspielerin und selbst junge Mama, die mit ihrem Programm „Plötzlich rund“ gerade auf Tour ist.

Eva Waldemer staunt selbst ein bisschen, was sie da seit Februar auf die Beine gestellt hat. Sie ist keine, die sich in den Vordergrund drängt, keine, die laut ist und wuselig-wild netzwerkt, keine, deren zweite Muttersprache Marketing heißt. Eva Waldemer ist eine Ruhige – und eine, die oft nicht weiß, was sie kann und will, wie sie selbst sagt. Nach dem Abitur hat sie studiert, Staatswissenschaften in Passau. Zu den Seminaren und Vorlesungen ist sie gependelt. „Ich musste mich durchs Studium kämpfen. Am Campus hab ich mich wie ein Einsiedlerkrebs gefühlt,“ sagt sie.

„Vielleicht hab ich zu hohe Ansprüche“

Durchgezogen hat sie ihr Studium trotzdem. „Mein Ziel war die Medienbranche. Und da dachte ich, Staatswissenschaften wären eine gute Basis. Der Mix aus Politik, Volkswirtschaft und Jura.“ In der Medienbranche hat sie nie versucht, Fuß zu fassen. Ihr Bachelorzeugnis hat bis heute niemand zu Gesicht bekommen. „Vielleicht hab ich zu hohe Ansprüche,“ sagt sie ein wenig nachdenklich und klingt dabei ganz typisch nach ihrer Generation, der Generation Y. Das sind die jungen Leute, die vor lauter Optionenreichtum gar nicht mehr wissen, was sie eigentlich machen sollen. Weil jede Wahl die verkehrte sein könnte. Und weil sie nicht mehr wissen, was sie eigentlich können und wollen.

Eva Waldemer hat sich nach dem Studium für drei Monate Teneriffa entschieden. „Dort hab ich Spanisch gelernt und auf einem Golfplatz gearbeitet,“ erzählt sie. Noch auf der Insel hat sie eine Stelle entdeckt: auf dem Golfplatz Bella Vista in Bad Birnbach, ihrer Heimat. Prompt wurde sie genommen. „Einem roten Faden folgt mein beruflicher Werdegang nicht gerade,“ sagt die 28-Jährige selbstkritisch. Dann kam Marlene – und damit die Elternzeit.

Lauf, Mama, lauf!

„Darüber bin ich sehr dankbar,“ sagt Eva Waldemer. „Durch Marlene hab ich mich viel besser kennen gelernt. Vorher hab ich immer erst alles schlechtgeredet, bevor ich es überhaupt ausprobiert hab. Und jetzt sag ich mir immer: Sei mutig!“ Sie sagt’s nicht nur – sie ist es. Das ist am Super Mom Kongress ersichtlich. Und auch an LAUFMAMALAUF, einem Outdoor-Fitness-Programm für Mütter, das sie für den Rottaler Raum leitet.

Seit September sporteln ihre Mamas samt Kinderwägen rund ums Theatron. Dafür hat sie die Fitnesstrainer-B-Lizenz gemacht. Und mit LAUFMAMALAUF ist sie selbst Ausstellerin auf ihrer Messe. „Es tut einfach gut, wenn sich Mütter miteinander austauschen können, raus kommen und sich bewegen. Und es ist auch gut, dass sie dabei ihr Kind nicht abgeben müssen,“ sagt sie.

„Mein Leben ist sinnvoll wie nie zuvor“

Früher, als Studentin, hat Eva Waldemers Mama-Bild so ausgeschaut: „Die haben es schön, die können den ganzen Tag wageln.“ Sie lacht über sich selbst. Früher, da war Weggehen, Shoppen, „Blödelscheiß“, wichtig. „Heute weiß ich es besser. Heute ist mein Leben so sinnvoll wie nie zuvor. Mamasein ist eine Mischung aus bedingsungsloser Liebe zum Kind und dem Wunsch, sich nicht selbst aufzugeben und zu verwirklichen. Wie auch immer das bei jedem Einzelnen aussehen mag.“ Stempel oder Schubladen liegen ihr fern. Sie kann nur für sich sprechen: „Mir hat es nicht gereicht, „nur“ Mama zu sein. Mir ist es wichtig, auch für mich selbst was zu tun.“

Die Herausforderung, die ihr der Kongress ganz persönlich stellt, tut ihr gut. Sie erzählt, wie sich alles entwickelt hat. Vom anfänglichen Klinkenputzen, vom Verteilen von Aussteller-Flyer am verkaufsoffenen Sonntag, von den vielen E-Mails, den vielen Absagen, von der mühsamen Sponsorensuche. Die Homepage hat sie per WordPress selbst erstellt. Jetzt ist der Gotische Kasten voll gebucht, das Programm steht, die Karten werden verkauft. „Schon ein gutes Gefühl,“ sagt sie und lächelt ganz sympathisch-zurückhaltend.

„Mama lässt mir alle Türen offen“

Nach dem Kongress wird vor dem Kongress sein – im nächsten Jahr plant Eva Waldemer die Wiederholung. Jetzt weiß sie, wie es geht, jetzt hat sie genug Selbstvertrauen gesammelt – und dann kann sie möglichen Ausstellern Erfahrungswerte und Zahlen vorlegen. In der Zwischenzeit wird Marlene in die Kinderkrippe gehen und sie selbst zur Arbeit. Den Job auf dem Golfplatz hat sie gekündigt. „Bei der Gemeinde angestellt zu sein, ist gewiss bequem und sicher, aber keine kreative Herausforderung,“ sagt sie. Da ist er, ihr neuer Mut. Mutig ist es auch, im Familienbetrieb arbeiten zu wollen, mit der eigenen Mama als Chefin. Nach der Messe geht’s los.

„Ich bin mit Sachs aufgewachsen,“ sagt Eva Waldemer. „Mein Bruder arbeitet auch im Betrieb.“ Sie freut sich auf den Neuanfang. Sie weiß, dass sie klein anfangen wird, viel fragen muss, sich langsam einarbeiten kann. „Mama lässt mir alle Türen offen. Wir verstehen uns gut,“ sagt sie. „Und Mama fragt auch oft: Warum muss jeder nach dem Abi studieren, wo doch das Handwerk so wichtig ist?“ Künftig wird sie für den Kundendienst und den Servicebereich zuständig sein. „Mir ist ein geregeltes Einkommen wichtig. Sonst wären solche Projekte wie der Super Mom Kongress nicht möglich.“

„Auch Papas sind herzlich willkommen“

Warum eigentlich ein Super Mom Kongress – und kein Super Dad- oder Super Parents Kongress? „Weil ich denke, dass die Hauptarbeit immer noch bei den Mamas liegt. Die Mamas müssen alles unter einen Hut bringen und sie sind es, die alles organisieren müssen, wenn sie arbeiten wollen,“ sagt Eva Waldemer. Freilich ist die Rede von Gleichberechtigung, von neuen Vätern, von Veränderung – aber die breit gelebte Realität entspricht dem noch lange nicht. „Papas sind aber freilich herzlich willkommen,“ sagt Eva Waldemer und lacht.

Neulich, da war sie in Passau, auf dem Poetry Slam bei Julia Engelmann. „Oh Baby, wenn wir alt sind, dann erst werden wir kapieren, wir hatten nie was zu verlieren,“ singt Julia Engelmann da. „Das Zitat spricht meine Generation total an,“ sagt Eva Waldemer. Das ganze Sicherheitsdenken, das Nicht-Wagen, das Nicht-Mutig-Sein. „Was kann schon passieren? Im schlimmsten Fall kommen keine Leute. Und dann? Nein, ich habe nichts zu verlieren. Ich will mutig sein und nicht so viel nachdenken.“ Sie trinkt ihren Kaffee aus, wirft einen Blick auf ihren Arbeitsstapel, schlingt sich einen Schal um den Hals, zieht den Lippenstift nach und dann gehen wir raus in die Sonne, in den Wind und machen Fotos.

(Alle Fotos im Text: Eva Waldemer privat)

Neues von Eva

Eva Waldemers Mut hat sich gelohnt: Bei ihrem ersten Super Mom Kongress im Jahr 2017 waren an die 400 Besucher zu Gast. Das Feedback und das eigene Gefühl waren so gut, dass die Mütter-Messe 2018 in die zweite Runde startet: Am 18. November 2018 dreht sich in der Schlossökonomie Gern wieder alles rund ums Thema Mama-Sein. 38 Aussteller laden ein zum Informieren, Nachdenken und Shoppen. Und es wird heuer ein Puppentheater geben,“ verrät Eva Waldemer. Ausgesuchte Referenten geben ihr Wissen zu den Themen Elterngeld, Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit und natürlicher Familienplanung weiter. Die Schirmherrin des ersten Super Mom Kongress, Josepha, erzählt mit ihrem Mann Markus vom Reisen mit Kindern. Nicht zuletzt hat Eva Waldemer auch für heuer eine Schirmherrin aufgetan: Angelika Schwarzhuber ist Autorin und Mama von mittlerweile zwei erwachsenen Kindern, die sie alleine erzogen hat. Sie schreibt Romane und Drehbücher und stellt ihre Werke auf dem Super Mom Kongress vor.

Die Organisation des Super Mom Kongress macht mir unglaublich viel Spaß,“ sagt Eva Waldemer, deren Tochter mittlerweile zwei Jahre alt ist. Zwischen Kind, Teilzeitjob und LAUFMAMALAUF-Kursen bleibt nicht viel Zeit und so arbeitet die 29-Jährige meistens in den Abendstunden. Noch stemmt sie den Super Mom Kongress alleine, plant aber für die Fortsetzung 2019, ein kleines Messeteam aufzubauen. „Mein größter Traum wäre es, vom Organisieren von Messen leben zu können,“ sagt sie. Den Mut und Ehrgeiz dazu hat sie allemal.

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Eva Waldemer

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