Manfred Forster: Der Nürnberger Rottaler und die Rösser (2)
Vor gut eineinhalb Jahren habe ich Manfred Forster in Peterskirchen auf der Ranch getroffen. (Teil 1) Dort hat er mir entspannt bei einem Kaffee von seinem Werdegang und seiner offenen Scheu vor Pferden erzählt. Und das, obwohl er sich mit seiner Nürnberger Versicherung auf Rösser spezialisiert hat… In der Zwischenzeit hat sich viel getan – was alles und ob sich Manfred Forster inzwischen doch schon mal in den Sattel geschwungen hat, das gilt es zu erfahren. Darum besuche ich ihn in seinem Büro in Mühldorf am Inn.
„Gleich bin ich soweit!“
Am Katharinenplatz, mitten in der oberbayerischen Innstadt, finde ich Manfred Forsters Generalagentur. Tür auf und schon ist der Besucher mitten drin im Geschehen. Weitläufig erstreckt sich der helle Raum, an dessen Ende Manfred Forster winkt und ruft: „Gleich bin ich soweit!“ Bestückt mit Headset und Kaffeetasse waltet er seines Amtes, als ich mich seinem Schreibtisch nähere, der sympathisch unaufgeräumt seinen Besitzer wiederspiegelt.
Nebenan sitzt Tina Maier mit Hündin Nala, vorneweg Carmen Trappschuh, die ich bereits in Peterskirchen kennengelernt habe. Außerdem huscht Vertriebsleiter Thomas Völk umher und bietet Süßigkeiten an. Gute Stimmung, dazu ein wenig Freitagnachmittagsambiente, obendrein Sonnenschein. Das Telefon klingelt, Manfred Forster nimmt an, nachdem er mir einen Kaffee gebracht hat, spricht geduldig und klar mit dem Menschen am anderen Ende der Leitung. Hinter ihm ist in einer Nische das Nürnberger-Versicherung-Logo aufgemalt, an der Wand hängt eine Zeichnung seiner Tochter neben einem Zertifikat.
„Recht umtriebig“: das Jahr 2018
Jetzt aber! Manfred Forster stöpselt sich das Headset vom Kopf, schaut auf seinen Schreibtisch: „Der hat schon mal schlimmer ausgeschaut,“ kommentiert er die Stapel, Briefe, handgeschriebenen Zettel. Und das kommt nicht nur davon, dass sich der Papierkram dank Digitalisierung enorm gemindert hat – „Jetzt sterben weniger Bäume“ – nein, vor allem davon, dass sich die Wogen des aufregenden Jahres 2018 langsam glätten. Manfred Forster rückt die Brille zurecht, die er beim ersten Treffen noch nicht trug, bezeichnet das vergangene Jahr milde als „recht umtriebig“. Da hat er sich nochmal eine Watsch’n geholt, so wie er es in seinem Leben öfter mal zu tun pflegt.
Die war nicht schön, aber nötig zur Veränderung, denn irgendwann wurde es selbst ihm zu wild: als sich die Tage in die Nächte zogen, die Arbeitswochen mit den Wochenenden verschmolzen und der Arzt so manches mahnende Wort sprach. Manfred Forster tingelt in ganz Bayern umher – vom Rottal bis in den Landkreis Miesbach, bis nach Augsburg und Nürnberg hinauf. In manchen Wochen schlief er öfter in Hotelbetten als im heimischen Schlafzimmer. Dazu kam die Gründung eines weiteren Unternehmens, der EFP Assecuranz OHG, bestehend aus den Kollegen und Gesellschaftern Jochen Eberle, Manfred Forster und Josef Priller, die sich um „besondere Geschichten im Pferdesport“ kümmert. Und obendrein häuften sich die Todesfälle im geschäftlichen und privaten Umfeld – vom jungen bis zum betagten Menschen, manche völlig unerwartet und schier von einem Tag auf den anderen.
„Das ist neu gewonnene Lebensqualität“
Manfred Forster kam schwer ins Spekulieren, vor allem dann, als sich seine kleine Tochter um den Papa sorgte. Er zog seine Konsequenzen, holte sich einen Unternehmensberater zur Seite, der ihm bescheinigte, er würde glatt für zwei arbeiten und müsse dringend das Delegieren lernen. Er begann zu sporteln: „Jeden zweiten Tag gehe ich morgens um sechs zum Walken. Das ist super. Ich allein mit den Vögeln und Hasen. Herrlich. Das ist neu gewonnene Lebensqualität,“ schwärmt der 42-Jährige.
Dazu kommt die Veränderung im Servicebereich, „das musste sein, weil ich es allein nicht mehr schaffen konnte – auch wenn ich vielleicht geglaubt habe, es zu müssen.“ Carmen Trappschuh lächelt. Sie kennt ihren Chef gut, weiß, wie er tickt. Seit Februar arbeitet sie Vollzeit in der Agentur. Als Außendienstlerin erledigt sie viel von daheim aus – jeden Tag kommt sie nicht ins Mühldorfer Büro. Im Außendienst arbeitet auch Tina Maier, die soeben ihren Wirtschaftsmaster abgeschlossen hat. Im Innendienst halten Michaela Öppinger und Manfred Forsters Vater Herbert Janku die Stellung. „Papa kümmert sich um die Organisation rund um den Pferdesport und die Kooperation mit der Pferdesportgemeinschaft Ostbayern.“ Auch die Mutter ist involviert: „Sie hat die Angewohnheit, unser Büro jede Woche mit einem Kuchen zu versorgen.“
„Ich war nur noch am Abarbeiten“
„Mein Papa hat erkannt, in welchem Tunnel ich gesteckt bin,“ sagt Manfred Forster. „Wenn ich gearbeitet habe, habe ich nichts anderes gehört und gesehen. Ich war nur noch am Abarbeiten – und mich selbst am Aufarbeiten.“ Vor einem Urlaub hat er zwei Wochen komplett durchgearbeitet, um anschließend scheinbar beruhigt Zeit mit der Familie verbringen zu können. „Das kann man mal ein Jahr lang machen, aber länger nicht,“ sagt er rückblickend. Und er weiß auch: Mit dieser Einstellung kann er seinem Beruf nicht gerecht werden.
Denn im Versicherungsbusiness geht es nicht darum, dem Kunden einen Schwung Versicherungen aufs Auge zu drücken, die er überhaupt nicht braucht. Manfred Forster hält es immer noch mit der Devise: „Man muss nur das versichern, was einen um die Existenz bringen könnte.“ Ein Handy gehört da gewiss nicht dazu. Einen guten Job hat Manfred Forster gemäß seinen Ansprüchen dann gemacht, wenn er den Kunden individuell beraten hat. Dazu gehört richtiges Zuhören – und Zeit. Nur das schafft Vertrauen, nur so ist der Kunde zufrieden, nur so kann ein guter Ruf aufrecht erhalten werden. „2018 war das stellenweise nicht mehr möglich,“ gibt Manfred Forster zerknirscht zu. „Durch die Umstrukturierung sind wir aber alle gestärkt hervorgegangen.“
Tina Maier: fünf Pferde und ein Hund
Die Unterstützung von allen Seiten kann Manfred Forster heute besser annehmen, ihm ist aber auch klar, dass er auf der Hut bleiben muss. Denn Arbeit gibt es nach wie vor mehr als genug. Mit der neuen Firma läuft es bestens, auch damit erschließt Manfred Forster immer größere Gebiete. Grade eben hat er einen neuen Partner gewonnen, die Pferdesportgemeinschaft Ostbayern. „Bei jedem Turnier ist einer von uns vertreten,“ sagt der Versicherungsmann. Das heißt, dass auch er in den warmen Monaten häufig auf den Turnierplätzen Bayerns zu sehen ist.
So wie seine Außendienstkolleginnen, beide begeisterte Pferdeliebhaberinnen. Tina Maier hat gleich fünf eigene Pferde, ist Dressurreiterin. Auf dem Anwesen ihrer Tante in Oberjulbach stehen ihre Jungpferde, in Tann hat sie ihre Reitpferde untergestellt. Bei Manfred Forster kann sie ihre gesamten Qualifikationen einbringen und obendrein ihr privates Interesse. „Erst habe ich den Bachelor in Sozialer Arbeit gemacht, aber gemerkt, dass das nicht ganz das Meine ist,“ erzählt sie. Also begann sie nach dem Abschluss ihre Ausbildung zur Versicherungskauffrau und hängte berufsbegleitend ein Wirtschafts-Master-Studium dran. So pendelte sie zwischen Mühldorf und ihrer Uni-Stadt Nürnberg. Diesen Stress ist sie jetzt los – soeben hat sie die Prüfung zur Versicherungsfachfrau bestanden. „Wir gratulieren unserer Tina ganz herzlich,“ sagt Manfred Forster froh – künftig kann sich Tina Maier als selbstständige Versicherungsagentin in Kooperation mit der Generalagentur hinter sich ganz auf eine Sache konzentrieren.
Carmen Trappschuh: „Es hat menschlich gepasst“
„Der Bachelor in Sozialer Arbeit war aber nicht umsonst,“ sagt sie. „In meiner Arbeit bin ich beratend tätig und da kommen mir Gesprächsführungstechniken absolut zugute.“ Tina Maier freut an ihrem Job, dass sie die unterschiedlichsten Menschen kennenlernt, die ebenfalls die „Pferdesprache“ sprechen. Hündin Nala darf oft mit ins Haus, fungiert als Türöffner. „Wenn ich Nala dabei habe, gibt es gleich ein Gesprächsthema, die Leute sind locker und entspannt.“ Und auch ins Büro darf die riesige, aber ruhige Hündin mit. „Das war ein Kriterium. Hätte ich Nala nicht mitbringen dürfen, wäre ich heute nicht bei Manfred,“ sagt Tina Maier und lacht.
„Um was geht’s?“ fragt Manfred Forster, der mit einem weiteren Kaffee um die Ecke biegt. „Ich bleib gern bei Dir, gell,“ antwortet seine Kollegin und er nickt. So geht es auch Carmen Trappschuh, die ihre Hunde ebenfalls mit ins Büro bringt und eigentlich gar nicht die Absicht hatte, nochmal in einer Versicherungsagentur zu arbeiten. Nach 18-jähriger Tätigkeit im Versicherungsbereich hatte sie genug davon und konzentrierte sich auf die Arbeit mit Pferden. So lernte sie Manfred kennen, der sie schließlich anheuerte. „Es hat menschlich gepasst. Also hab ich ja gesagt,“ erzählt Carmen Trappschuh. Zunächst arbeitete sie in Teilzeit, merkte aber schnell, dass der Job dafür zu intensiv war. „Und jetzt bin ich wieder in Vollzeit da,“ sagt sie und zuckt mit den Schultern. Sie mag die Arbeit – weil sie sich selbstständig alles einteilen kann und natürlich, weil Pferde eine große Rolle spielen.
„Wer kann das schon behaupten?“
Sie hat ebenfalls ein eigenes Pferd, einen argentinischen Criolo. „Ich bin seit Kind an ein Rosserer,“ sagt sie. „Der Umgang mit Pferden, deren Körpersprache hat mich schon immer begeistert.“ Das kann Manfred Forster nicht von sich behaupten. Bis heute ist er auf keinem Pferd gesessen – und wenn’s nach ihm geht, wird das auch so bleiben. „Wer kann das schon von sich behaupten? Würd ich mich auf ein Pferd setzen, hätt‘ ich ja nichts mehr zu erzählen,“ sagt er trocken.
So oder so – der Gesprächsstoff würde einem Manfred Forster gewiss nicht ausgehen. Er freut sich, dass er sich dank seiner Kollegen nun wieder aufs wesentliche Geschäft konzentrieren kann und nicht nur wie ein Besessener eine niemals endende To-Do-Liste abarbeitet. Dazu gehören neben der Neukundenakquise auch die Verwirklichung ganz neuer Ideen: Manfred Forster hat in Kooperation mit der Firma Zweirad Schröck in Altötting eine neue Fahrradversicherung ausgearbeitet. „Das läuft nach zwei Wochen schon super,“ freut sich Manfred Forster. Grund zur Freude ist für ihn auch immer der Besuch von Messen: „Nach einem langen Messetag abends an der Hotelbar zu sitzen, das ist was Schönes.“ Doch, doch, es sind die kleinen Dinge, die Manfred Forster wieder zu schätzen weiß.
„Das sind die Highlights“
„Immer nur funktionieren ist nicht Sinn der Sache,“ sagt er. „Und auch nicht, den Kalender in jeder Minute vollzustopfen. Wozu das alles? Damit mein Körper dem Wahnsinn irgendwann mit einer saublöden Krankheit entflieht?“ So lange will Manfred Forster nicht warten. Weniger muss wieder mehr sein – so sieht er das. Und zwar nicht nur in punkto Arbeit, sondern auch für alle anderen Bereiche im Leben. „Was soll die ganze Konsumiererei? Lieber leiste ich mir wirklich gutes Essen – das gibt mir Energie zum Leben und Arbeiten. Ein Auto tut das nicht.“ Ok, ein ordentliches Auto fährt Manfred Forster trotzdem – aber auch nur, weil er jährlich tausende von Kilometern durch die Gegend braust.
Inzwischen sind alle gegangen an diesem Freitagnachmittag. Ruhig ist es geworden im Büro, die Sonne scheint noch immer herein und Manfred Forster sitzt noch immer am Schreibtisch. „Ein bissl was muss ich schon noch machen,“ sagt er. Aber nach dem Bissl geht’s heim. Den Imkerkurs hat er mit seiner Tochter fertig gemacht. Heuer freut er sich auf den ersten eigenen Honig. Und gewiss wird er sich das ein oder andere Wochenende in diesem Jahr auf einer Berghütte wiederfinden. Mit Freunden, Ruhe und schönen Sonnenaufgängen. „Das sind die Highlights. Ganz wichtig: die positiven Aspekte wahrnehmen.“ Sagt er, verabschiedet sich und greift nach dem Headset.