Markus Sigl: Ein neuer Pinsel, bewährte Farben
„Ich mag an meinem Beruf, dass man am Ende des Tages sieht, was man geschafft hat, und das auch noch nach Jahren,“ sagt Malermeister Markus Sigl, als er in dem großen denkmalgeschützten Gebäude an der Hauptstraße in Griesbach die Fenster schließt. Der Auftrag, alle Holzfenster zu streichen, ist abgeschlossen, Markus schaut zufrieden auf die glänzenden Rahmen. Seit dem Jahr 2022 führt er das Familienunternehmen fort, das sein Vater Max anno 1977 gleich nach seiner Meisterprüfung gegründet hat. Damals war die Malerei Sigl noch in Bayerbach ansässig, mitten am heutigen Dorfplatz. 1988 zog die Familie nach Griesbach, wo sie seitdem lebt und wirkt.
Denn nicht nur Vater Max und Sohn Markus sind eingespannt, auch Mutter Gertrud und Sohn Andreas arbeiten in der Firma. Nach dem qualifizierenden Hauptschulabschluss besuchte Markus noch die Wirtschaftsschule in Passau, um sich auf eine Selbstständigkeit im Bereich Wirtschaft und Büromanagement vorzubereiten. Markus und sein Bruder Andreas haben auswärtig Maler und Lackierer gelernt, wurden Malermeister, um später wieder nach Hause zu finden. Markus erinnert sich ganz gern an die Lehrzeit bei der Firma Gress in Pfarrkirchen, die er für damalige Zeiten als sehr fortschrittlich beschreibt: „Da gab es damals schon eine Homepage,“ sagt der heute 42-Jährige. Die Berufsschule hat er in Eggenfelden besucht und nach der Lehre ging es zunächst nach Hause zum Arbeiten. Nach dem einjährigen Besuch der Meisterschule für Maler und Lackierer in München, die er mit sehr gutem Abschluss und den Meistertitel Maler- und Lackierermeister absolvierte, schnupperte er ein wenig bei anderen Firmen herum.
„Völlig abschalten geht nicht“
Schließlich fand Markus für 15 Jahre lang in Österreich seinen Platz – bei der Firma FACC in Ort im Innkreis als Lackierer von Flugzeugteilen. „Irgendwann war die Arbeit aber nicht mehr ganz so herausfordernd und pendeln wollte ich auch nicht mehr,“ erklärt Markus. „Da hat es sich angeboten, den Betrieb daheim zu übernehmen.“ Daheim, das ist das Haus im Jägerweg, das als Wohn- und Firmensitz dient. Der Papa wollte aufhören und Markus war eh nie richtig weg, hat immer ausgeholfen. Seit einem Jahr steht auf dem Firmenauto nun also „Markus Sigl“ und das Leben ist schon ein anderes geworden. „Erst hab ich immer im T-Shirt in der warmen Halle gearbeitet, jetzt bei sämtlichen Witterungen vor allem draußen,“ beschreibt er seine Veränderung.
Die Selbstständigkeit gefällt Markus gut, vor allem das eigenständige Einteilen der Arbeiten. 2018 hat er sein eigenes Haus gebaut, ebenfalls in Griesbach, und viel selbst gemacht. „Ja, aber selbstständig heißt schon auch, dass völlig abschalten nicht geht,“ sagt er. Anders als der Papa, der sich in „Altersteilzeit“ zurückgezogen hat, ist Mama Gertrud noch absolut aktiv: „Ich bin fürs Büro zuständig, nehme Telefonate entgegen, mache die Finanzbuchhaltung. Die gute Seele eben,“ beschreibt sie ihr Schaffen seit Anbeginn der Firma. Gelernt hat sie Steuerfachgehilfin, hat bis zur Heirat von Max in einem Steuerbüro gearbeitet. „Buchhaltung ist mein Leben,“ sagt sie aus vollster Überzeugung.
Da kann sich Markus glücklich schätzen, denn wenn auch er sagt, dass er gut mit Zahlen kann, so ist es ihm durch das Engagement der Mutter möglich, sich voll und ganz aufs Praktische zu konzentrieren. Der Bruder ist mitangestellt und der Vater freut sich, dass die Firma in Familienhand bleibt. Sein einstiges Chefdasein hat er gut ablegen können, das Mitdenken freilich nicht. „Oft fragt er nach, ob ich schon Farbe bestellt habe,“ erzählt Markus und lacht. Er ist froh, von der jahrzehntelangen Erfahrung des Vaters profitieren zu können: „Was bei ihm ganz automatisch geht, muss ich erst lernen. Aber so komme ich gut rein.“
„Wir verlegen auch Bodenbeläge“
Im Portfolio der Malerei Sigl steht das Ausmalen von Innenräumen, freilich die Gestaltung von Fassaden, dazu Holzschutzarbeiten, aber auch das Legen von Böden, „was viele nicht wissen,“ wie Markus sagt. „Vinyl, Parkett, Laminat, wir machen alles. So bietet es sich an, bei einer Wohnraumrenovierung alles aus einer Hand zu bekommen.“ Demnächst steht ein Lehrgang zum Thema „fugenlose Böden“ an, denn dass man nie auslernt, davon ist der Malermeister überzeugt. „Hauptsächlich werden Fassaden in Auftrag gegeben – Innenräume streichen viele Leute selbst, vor allem jüngere,“ weiß Markus aus Erfahrung. Er versteht das sogar, schließlich ist es auch eine Frage des Preises. In Zeiten von Corona hat sich auch was getan, anfangs verhielten sich die Leute noch vorsichtig, wie der Malermeister sagt – und nach längerer Zeit daheim haben sie gesehen, was alles gemacht werden musste. Dazu lief der Farbverkauf spitze, als die Baumärkte geschlossen hatten. Von der Inflation merken die Sigls noch wenig, „das kommt wohl erst“.
Was auch nach wie vor gefragt ist, ist das Renovieren von Wohnungen. „Da muss genauer und sauberer gearbeitet werden wie bei einem Neubau,“ sagt Markus. „Da sind Böden, Türen und Einrichtungen schon drin, die müssen vor Staub und Farbe geschützt werden und auch außen spielt das eine Rolle, weil man auf eine schöne Terrasse und auf Fenster aufpassen muss.“ Die Zahl der Neubauten hat sich in der letzten Zeit verringert, dafür wird Altbestand gern aufgewertet. Wie eben das große Haus in der Hauptstraße, dessen Fenster jetzt wieder so schön glänzen. Neben den abwechslungsreichen Arbeiten und der freien Zeiteinteilung schätzt Markus es sehr, mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun zu haben. „Bei einer Anfrage komme ich immer erst vorbei, um mir das Ganze anzuschauen,“ sagt er und schenkt sich noch ein Kracherl ein.
Während der Vater Fassadenbeschriftungen frei mit der Hand vorzeichnete, benutzt der Sohn eine Schablone – wie es auch üblich ist. Vielmehr: „Heute ist das selten geworden, weil Firmen ja oft Gebäude nur angemietet haben. Darum hängt man lieber Schilder auf.“ Die Sigls hingegen könnten sich ihren Namen locker aufs Haus pinseln. Von Anfang an war die Auftragslage dank Weiterempfehlungen gut. Auch das Firmenauto dient als Werbeträger und freilich ist die Zeit nicht stehen geblieben, weshalb das Internet unbedingt eine Rolle spielt.
„Gern farbig, aber lieber dezent“
„Gerade in Griesbach haben wir viele Zugezogene. Die Leute kennen erst niemanden und suchen im Internet. Darum ist unsere Homepage inzwischen nicht mehr wegzudenken,“ sagt Markus. Vieles hat sich verändert, seit der Vater die Firma gegründet hat. Der Sohn zählt auf: „Früher hat man Heizkörper und Türen lackiert, heute reißt man alles raus und baut Neues ein. Und auch das Fensterstreichen war eine Ausnahme, da das Gebäude in dem Fall denkmalgeschützt ist. Wer heute neue Fenster kauft, kauft meist Kunststofffenster. Heute verlegt auch kaum einer mehr Teppichböden, Tapeten sind auch nur noch selten und wenn, dann an einer einzelnen Wand, um einen Hingucker zu gestalten.“ Früher, da hatte der Maler Sigl auch Auszubildende, bis es irgendwann schwierig wurde, Nachwuchs zu finden. Markus möchte die Tradition gern wieder aufleben lassen, „das wäre langfristig schon der Plan.“
Was ist eigentlich die Lieblingsfarbe eines Malermeisters? „Blau,“ sagt Markus. Und für Wände? „Gern farbig, aber lieber dezent.“ Und am Ende des Gesprächs hat er noch einen Tipp für unverbesserliche Heimwerker:innen: „Die Farbe wird an der Wand nicht so, wie man sie im Kübel sieht, denn manche Farbqualitäten werden heller oder dunkler, der Lichteinfall ist anders als im Eimer. Lieber also einen Ton zu hell als zu dunkel nehmen.“ Markus zieht sich wieder seine weiße Malerjacke über, eine fleckige trägt schließlich nur der Maler Klecksl. Er hat heute noch zu tun. Freizeit kommt bei Markus nachher dran, wenn er nicht zu müde ist, saust er gern mit dem E-Bike rundum Griesbach herum. Später dann, wenn die Farbe an den Wänden ist und das Werkzeug sauber.