Ohne Haargel und Schmieserl: Der Huber Gustl und sein Autohaus
Es duftet nach neuen Autos. Nach dem Gummi der Reifen, nach unberührten Wageninnenräumen, nach gesaugten Teppichen, nach Politur. Die Lacke glänzen in sämtlichen Farben, das Sonnenlicht scheint durch die Komplettverglasung, es blitzt und strahlt. Da gibt es eine Sitzgruppe, weißes Leder, dahinter passende Barhocker an einem Tresen. Die Kaffeemaschine blinkt betriebsbereit, ein helles Regal ist Raumteiler und Prospekthalter in einem. Das ist der neue Ausstellungsraum für die Hyundais. Bis vor vier Jahren gab’s im Autohaus Huber ausschließlich Opels, die sich in der Halle daneben präsentieren. Und da kommt auch schon August Huber die Treppe herunter, schüttelt freundlich und locker die Hand, kocht Kaffee und bittet die Treppe hinauf in sein Büro.
„Ich bin schon als Kind Auto gefahren“
Er führt das Autohaus in vierter Generation, er ist August der Dritte, 36 Jahre alt. „In der Schulzeit war August kein einfacher Name – aber jetzt bin ich voll zufrieden damit. Gibt’s denn einen bayerischeren Namen als Huber Gustl?“, fragt er und lacht. Er sitzt im Chefsessel, ringsum Glas, hier überblickt er alles: Die Ausstellungsräume, den gesamten Parkplatz, den Eingangsbereich und die Werkstatt – und wenn er sich umdreht, sieht er sogar seinen Bungalow und das Elternhaus dazu.
August Huber kennt kein Leben ohne Autohaus. „Als Kind hab ich schon früh mit dem Autofahren begonnen, so mit fünf, sechs Jahren. Auf dem Schrottplatz hinterm Haus war das eine Riesengaudi,“ erzählt er. Mit zwölf wurde die Werkstatt zunehmend interessant. Da konnte August Huber den Mechanikern schon ein wenig zur Hand gehen. Daraus wurde viel mehr, als er selbst im heimischen Betrieb unter Vater August das Handwerk des Mechatronikers erlernte. Nach der Lehre kam er erstmals raus aus Pocking, immerhin drei Monate nach Koblenz, in die Werkstatt eines Händlerkollegen vom Vater. Dort galt es, einmal ein anderes Arbeitsumfeld zu sehen, weg von daheim zu sein. „Das war eine super Zeit,“ sagt August Huber.
Den väterlichen Betrieb zur Pacht
Und trotzdem kehrte er gern wieder zurück nach Hause. August Huber sammelte ein Jahr lang in der heimischen Werkstatt Erfahrung, bevor er nochmal in die Ferne schweifte – nach Calw, um Kfz-Betriebswirtschaft zu studieren. „Das ist mit einem BWL-Studium vergleichbar,“ sagt August Huber. „Die Schule war für mich nicht der Hit. Ich bin ein Praktiker.“ Dennoch hatte er mit 22 Jahren seinen Abschluss geschafft und übernahm prompt den väterlichen Betrieb.
Ganz so einfach war das aber doch nicht. „Mein Vater hat mir angeboten, den Betrieb zu pachten. Also bin ich mit ihm zur Bank und hab mir das Geld geliehen,“ erzählt August Huber. Dem Sohn einfach das Autohaus zu überschreiben, war nicht im Sinn des Vaters. „Das war die richtige Entscheidung. So hab ich gelernt, dass man nichts geschenkt bekommt. Und ich hab zwar Zeit gebraucht, in den Betrieb hineinzuwachsen, musste aber schneller lernen.“
„Das muss schon nach was ausschauen“
Damals, 2003, zählte das Hubersche Opel-Autohaus 15 Mitarbeiter. Heute sind inklusive Tankstelle insgesamt 45 Angestellte beschäftigt und August Huber feilt seitdem ununterbrochen an der Firma. 2008 wurde die Opel-Ausstellungshalle renoviert. 2011 wurde die alte Tankstelle abgerissen und die neue, große „Shell-Erlebnistankstelle“ am Kreisverkehr gebaut. An der Stelle der alten Tankstelle fand 2012 J’J’s Car Cleaning seinen Platz – und direkt neben dem Autohaus 2013 die Würth-Niederlassung. 2013 kam die Marke Hyundai dazu, 2014 gab’s eine neue Werkstatt, 2015 wurde das gesamte Autohaus neu gebaut. 2015 wurde Geschäftsführer Michael Reischer Mitgesellschafter. Und 2016 zog die San Francisco Coffee Company in den neuen Anbau der Tankstelle, dazu die Eisdiele. In diesem Jahr gibt’s keine großen Neuerungen, mal abgesehen vom Airstrem-Foodtruck – August Huber ist zufrieden. Damit, dass die Baustellen ein Ende haben. Und vor allem damit, wie sich alles entwickelt hat.
„Das war’s wert,“ sagt er. „Der Kunde will einen guten Service und einen guten Preis. Das muss schon nach was ausschauen. Und auch für die Mitarbeiter muss das Arbeitsumfeld passen, sie alle verbringen hier ja viel Lebenszeit.“ So wie er das sagt, klingt es ganz ehrlich und sehr sympathisch. Er hat nichts Aufgesetztes, der Huber Gustl. Er braucht kein Haargel und kein Schmieserl. Seine Augen schauen freundlich, sein Wesen ist gemütlich und offen. Er erzählt ganz entspannt und lacht gern.
„Ned gschmipft is globt gnua“
Seit er das Autohaus führt, hat sich also viel getan. Das ist so, weil August Huber ein Händchen fürs Geschäftliche hat – aber auch, weil er ums Technische weiß. So kennt er sich in allen Abteilungen aus und verliert nichts aus den Augen. Das ist ihm wichtig. „Ich kann nichts von einem Mitarbeiter verlangen, das ich selbst nicht drauf hab,“ lautet sein Motto.
Der Vater hat sich inzwischen aus dem Geschäft zurückgezogen. Sein Sohn bezeichnet ihn als typischen Niederbayer – „Ned gschmipft is globt gnua.“ Dass der Vater mit August Huber zufrieden ist, weiß er trotzdem, wenn auch über Dritte. „Der Papa war schon streng. Aber im Nachhinein war das gut so. Heute profitiere ich davon,“ sagt August Huber. Er schätzt auch, dass ihm der Vater nicht dazwischenredet, aber dennoch da ist, wenn er mal Rat braucht. „Es kann nur einer der Chef sein. Mein Vater macht heute Rentnerdienst – Rasen mähen, zur Bank fahren, ein bisschen Buchhaltung.“
Nun stellt sich die Frage im Grunde gar nicht mehr, ob August Huber denn vielleicht mal was anderes im Sinn gehabt hätte, als das Autohaus weiter zu führen. Hat er nicht. „Ich bin da aufgewachsen, ich war immer da,“ sagt er. Seine vier Jahre ältere Schwester hingegen wollte schon immer weg. Erst hat sie Krankenschwester gelernt, dann noch Medizin studiert – heute lebt sie in Hamburg und arbeitet an der Uniklinik in der Psychiatrie.
„Das ist ein moderner Tante-Emma-Laden“
Den Hubers ist es wohl eigen, etwas auf die Füße zu stellen. August Huber schätzt an der Selbstständigkeit die Freiheit, entscheiden zu können – und die Möglichkeit, was auszuprobieren, sich mit eigenen Ideen zu beschäftigen. Das beste Beispiel ist wahrscheinlich die Tankstelle am Kreisverkehr. „Das ist eine 1A-Lage, einfach perfekt,“ sagt er. 2011 beschloss er, die alte Tankstelle direkt am Autohaus abzureißen, um in 100 Metern Luftlinie die neue Tankstelle zu bauen. Bis zum heutigen Tag vergrößert sich das Angebot – der Kunde kann weitaus mehr tun, als sein Fahrzeug mit Kraftstoff zu befüllen.
„Seit kurzem kommen auch ältere Damen einfach zum Kaffeetrinken,“ sagt August Huber. Die San Francisco Coffee Company ist eine Münchner Kaffeehauskette, gar nicht so groß, wie sie klingt, das fand er sympathisch. Zum Kaffee gibt es hausgemachten Kuchen. August Huber hat eigens eine Konditorin angestellt, die vor Ort Backwerk nach Mamas Art produziert. All das kann auf dem Sonnendeck genossen werden – mit Blick über den Kreisverkehr und auf die Pockinger Einkaufsmeile. Da rührt sich was. Wer es erfrischender mag, kann im Untergeschoss Eis essen. 20 Angestellte beschäftigt August Huber allein an der Tankstelle, gearbeitet wird in zweieinhalb Schichten. „Das ist eigentlich ein moderner Tante-Emma-Laden,“ sagt August Huber über das Tankstellen-Gesamtkonzept, das außerdem die einzige Textilreinigung Pockings, eine Hermes-Annahmestelle sowie eine Lotto-Filiale beherbergt. Der neueste Blickfang ist der silberne Airstream neben dem Gebäude – ein Foodtruck, der sich sehen lassen kann. „Der passt einfach dazu,“ sagt August Huber.
„Mein Opa ist in New York geboren“
In dem Moment klopft ein älterer Herr an der Bürotür. „Herein, Herr Volk,“ sagt der Chef und stellt den sympathischen Mann vor. „Herr Volk hat über 50 Jahre bei uns gearbeitet,“ sagt er. „Jetzt ist er in Rente, schaut aber immer wieder mal herein und hilft in der Werkstatt mit.“ Herr Volk nickt und grinst. Er hat schon alle drei August-Huber-Generationen erlebt. So stellt man sich ein Familienunternehmen vor. Herr Volk verabschiedet sich und August Huber erzählt weiter, gewährt einen Einblick in die Familiengeschichte.
„Mein Opa ist in New York geboren. Meine Urgroßeltern sind in der Jahrhundertwende ausgewandert.“ Weil der Neuanfang im Land der Hoffnungen und Träume sowie die Ehe nicht geklappt haben, ist seine Uroma mit dem Opa wieder zurück nach Pocking gekommen. Zu Kriegszeiten hat Opa August am Bodensee bei der Firma Dornier als Werkstattmeister gearbeitet. Bis nach dem Krieg sein neuer Stiefvater starb und er dessen Zweiradwerkstatt in Pocking übernahm. So fing die Hubersche Autohaus-Geschichte an. „Erst haben wir NSU– und DKW-Motorräder verkauft, dann kam 1950 Opel dazu,“ erzählt August Huber. Sein Vater hat in München Maschinenbau studiert – und hat mit 23 Jahren den Betrieb übernommen. Auch so jung wie später sein Sohn. Und der hat schon selbst auf Ellis Island im Einwanderungsregister nach seinen Ahnen gesucht und wurde fündig. „Ich bin rund einmal im Jahr in den USA. Das ist einfach ein schönes Land,“ sagt August Huber.
Er führt die Autohaus-Huber-Tradition weiter. Und trägt damit die Verantwortung der Selbstständigkeit. So viel ärgern wie früher mag er sich nicht mehr. „Nach fünf Minuten muss Schluss sein,“ sagt er. Nächtliches Grübeln kennt er aber auch – wie so viele Selbstständige. „Das gehört dazu,“ sagt er pragmatisch. Mit der Verantwortung für den Betrieb kann er gut umgehen. „Das ist wie die Entscheidung zu heiraten. Ja oder nein?“ Was noch für ihn dazugehört, ist die spärliche Freizeit. Die verbringt er gern im Sattel – motorisiert, versteht sich. Aus dem ehemaligen Jungunternehmerstammtisch ist inzwischen eine Motorradgruppe geworden. Auf Sardinien und in den Abruzzen waren sie schon, dazu kommen Tagestouren in den Bayerischen Wald.
„Die CSU ist einfach die Partei für Bayern“
Wenn August Huber nicht Motorrad fährt, sitzt er im Stadtrat. Seit 2008. CSU. Bis 2014 war er Ortsvorsitzender. Zunächst stand er auf einer freien Liste, „da hat aber eine klare Richtung gefehlt. Die CSU ist einfach die Partei für Bayern. Die Grundrichtung stimmt.“ Außerdem schätzt er an den Schwarzen den direkten Weg nach oben. Und er sagt: „Ohne die CSU wäre Bayern nicht so, wie es ist.“ Dass er sich zu all der Arbeit auch noch lange Stadtratssitzungen zumutet, ist für August Huber kein Thema: „Das gehört zum Selbstständigsein, dass man sich politisch einbringt. Wenn ich nichts mache, kann ich mich auch nicht beschweren.“
Weil August Huber auch im Bauausschuss ist, hat er direkte Einsichten in die Finanzen. Das interessiert ihn. Und er sieht unmittelbar, was so passiert in seiner Heimatstadt. Er erzählt jetzt mit viel Verve, ist plötzlich ganz der Politiker, der für Pocking wirbt: „Eine superschöne Stadt ist Pocking nicht – aber hier kriegt man alles. Von der Krabbelkiste bis zum Gymnasium ist für die Kinder gesorgt, es gibt sämtliche Einkaufsmöglichkeiten. Das ist attraktiv für Familien. Darum entstehen pro Jahr 50 neue Wohngebäude.“ Und weiter: „Pocking ist eine kleine Stadt mit dörflicher Lebensqualität. Da stimmt das Gesamtpaket.“
„Das ist halt so ein Männerding“
Er selbst ist froh, mit seiner Frau in seiner Heimatstadt im Bungalow neben dem Autohaus zu leben. Die meisten Erledigungen macht er zu Fuß, die Nähe zu seinen Eltern schätzt er auch. Ins Auto steigt er gar nicht so oft, und wenn, ist es selbstredend ein Firmenauto. „Ich fahre mit dem, was grad da ist,“ sagt August Huber. Und er gibt zu, dass er die kleinen Autos wie den Opel Adam am liebsten mag. Oder aber die ganz großen, wie den 37er Chevy Pick-Up in seiner privaten Garage. „Ich hatte auch mal einen Opel Diplomat,“ erzählt er und lacht. „Das mit den Oldtimern ist halt so ein Männerding, ein Spielzeug.“ Als Freak würde sich August Huber trotzdem nicht bezeichnen. So wirkt er auch nicht. Ihm geht es ums Gesamte, um die Autos, die Leute, das Kaufmännische – um den Familienbetrieb der Huber Gustls.