Karin Eichers Ferienwohnungen „s’Rottaler Oachkatzl“: Der Ruheort einer Aufdraht’n
Der Weg führt über kleine Straßen, die ineinander greifen zu scheinen, Wiesen, Felder, Wälder – das ländlichste Eck im Rottal muss es sein, gefühlt. Irgendwo im Nirgendwo zwischen Johanniskirchen und Arnstorf, da liegt Haselbach. Und die Ferienwohnungen „s’Rottaler Oachkatzl“ von Karin Eicher. Wer Ruhe sucht, liegt hier goldrichtig. Es ist heiß, die Grillen zirpen in der Wiese, dicke Schönwetterwolken schieben sich über den Horizont, kein Auto ist zu hören und in den drei Stunden, in denen ich mich mit Karin unterhalten werde, wird gerade mal ein Fahrzeug vorbeifahren.
Karin öffnet die Tür, tritt heraus, blinzelt gegen die Sonne. Herzlich ist die Begrüßung, fast fühle ich mich wie im Kurzurlaub angekommen. Karin führt mich hinauf in die Wohnung „Waldblick“, die groß genug für fünf Leute ist, eine herrliche Dachterrasse hat und ja – einen Blick Richtung Wald. Auf der Terrasse sitzen wir bei einem Kaffee und Karin erzählt in ihrer geselligen Art mit ihrer rauen Stimme und dem herzhaften Lachen wie alles hergegangen ist: die Ferienwohnungen. Ihr Leben.
Die Sehnsucht nach Ruhe ist groß
Seit November 2019 sind Gäste in den Rottaler Oachkatzl-Wohnungen willkommen. Das Anwesen hat sie geerbt, es hat ihrem Vater gehört. „Unten war eine Elektrowerkstatt, oben eine Wohnung,“ erzählt Karin Eicher. „Und ich wusste erst gar nicht, was ich mit dem geerbten Haus machen sollte.“ Erst wollten es die Eichers verkaufen, dann meinte ein Bekannter beiläufig: „Mach halt eine Ferienwohnung draus!“ Karin zögerte, ließ den Gedanken reifen. Besagter Bekannter sprach aus der Erfahrung heraus – er hatte selbst eine Ferienwohnung mitten im Rottal, mitten auf dem Land – ohne einen „triftigen Grund“, der Leute bewegen könnte, agrat hier ihre freien Tage zu verbringen. Und genau deshalb hat sich Karin entschieden, es zu tun.
„Passau ist nicht weit weg, Straubing auch nicht, Österreich auch nicht, die Bäder nicht. Wer was erleben will, hat in wenig Fahrzeit viele Möglichkeiten,“ sagt sie. Voglsam und Pullman City fallen ihr noch ein, der Ortenburger Wild- und Vogelpark. Nur wollen die Leute, die zu ihr kommen, meist gar nichts erleben. Einige von ihnen haben ihre Radl dabei, mehr verlangen sie sich nicht. Die Sehnsucht nach Ruhe ist groß und die finden sie hier.
Bis die ersten Gäste kommen konnten, haben Karin und ihr Mann Franz innerhalb eines halben Jahres enorme Renovierungsarbeit geleistet. Dazu die Schwester, die Mutter, die Schwiegereltern, die Töchter – die ganze Familie. Da wurde umgebaut, da wurden Türen versetzt, Böden verlegt, Bäder installiert, da wurde verputzt, gestrichen, gespachtelt. „Mein Mann ist Schreiner und handwerklich sehr begabt,“ sagt Karin mit ein wenig Stolz und viel Liebe in der Stimme. Aber auch sie selbst hat ordentlich mit angepackt, zu schade ist sie sich für nichts, jetzt in der Corona-Zeit hat sie für einen Biobauern Unkraut gehackt, „ein Knochenjob, aber es gibt immer Möglichkeiten, was zu tun.“ Die Arbeit, die sie sieht, macht die 43-Jährige auch. Sich selbst bezeichnet sie als „schlimme Perfektionistin“, was sich in den Wohnungen spiegelt.
Karins Nagelstudio: „Das läuft von Anfang an“
Picobello sind sie alle, kein Stäubchen fluselt herum, die Armaturen blitzen wie die Fenster, die Deko sitzt, die Stühle stehen gerade und schnell drapiert Karin noch ein Polster, als ich die Kamera zücke. Auffallend sind die Möbel, die Karin selbst restauriert hat. Viele davon stammen aus der Familie. Karin hat sie abgeschliffen, gestrichen, mit einem antiken Finish versehen. Eine Kommode wurde zu einem Waschbeckenunterschrank umfunktioniert, ein Brett zu einer Garderobe, ein alter Toilettenstuhl dient heute als Abstelltisch. Und überall finden sich die Tiere, nach denen die Ferienwohnungen benannt sind: Oachkatzl. Auf Kissen, als Figuren, auf Bildern. Und in echt im nahen Wald. Wenn man Glück hat, huscht eins vorbei. Vielleicht aber auch ein Reh oder ein Hase oder auch der Fuchs, der „Gute Nacht!“ sagt. Alles möglich in Haselbach.
Wie schon erwähnt, kamen im November 2019 die ersten Gäste. Und dann meldete sich Corona an. In diesen stillen Wochen des Lockdowns hatte Karin in der Wohnung „Waldblick“ einen Monteur zu Gast, beruflich bedingte Buchungen waren ja erlaubt. Zwei bereits gebuchte Urlaube mussten storniert werden, „die werden aber nachgeholt.“ Karin sieht die Zeit locker: „Da konnten wir die dritte Wohnung in Ruhe fertigstellen. Das war nochmal richtig viel Arbeit.“ „Waldlichtung“ heißen die Räumlichkeiten im Parterre mit großer Terrasse.
Und sonst so? Was macht diese Karin mit dem steten Lächeln in den Mundwinkeln, den lebendigen Augen, der energischen Körperhaltung? „Ach, wo fang ich da denn an?“ fragt sie und lacht rau, bevor sie leise wird und überlegt. Aufgewachsen ist sie in Kauschöd, drei Kilometer von hier. Die Jugend hat sie in Simbach bei Landau verbracht und ist irgendwann in Arnstorf gelandet. Zahnarzthelferin hat sie gelernt, konnte aufgrund einer Krankheit aber nicht in dem Beruf weiterarbeiten. Also schulte sie zur Bürokauffrau um und werkte 16 Jahre lang bei Lindner in Arnstorf. Dazwischen die Babypausen. Ihre Töchter Verena und Alina sind heute 18 und 15 Jahre alt. 2013 eröffnete sie so nebenher ihr eigenes Nagelstudio bei sich daheim in Siglthann, wo es nur vier Häuser gibt. „Das läuft von Anfang an. Die Frauen kommen zu mir. Ich habe eine große Stammkundschaft.“
Mit stundenlangem Üben zur Expertin
Auf die Idee mit den Nägeln ist Karin gekommen, weil ihr nach einem leichten Schlaganfall ihres Mannes bewusst wurde, wie schnell sich alles ändern kann – ja, wie schnell im schlimmsten Fall alles vorüber sein kann. Ihr Bürojob hat sie nicht mehr erfüllt, da war es an der Zeit, das zu tun, was ihr Freude machte. Und das waren nun mal schöne Nägel, die sie seitdem gern anderen Frauen verpasst. „Bei mir geht keine mit Nägeln raus, die mir nicht gefallen,“ sagt Karin und lacht darüber, dass ihr Perfektionismus wieder durchbricht. Sie schaut auf ihre eigenen Nägel, die natürlich und kurz gefeilt sind – keine Spur von einer künstlichen Schicht, nicht mal Lack. „Ja, ich bin momentan kein gutes Aushängeschild und habe seit einem halben Jahr keine langen Krallen mehr. Der Umbau!“ Bodenverlegen, Malern und Möbel aufmöbeln geht eben besser so.
Die „langen Krallen“ hat sie sich immer selbst verpasst und vor ihrer Nagelstudio-Karriere war sie selbst nie Kundin in einem solchen. „Weil ich zu knickert war,“ sagt Karin und lacht wieder rau und herzlich. Angefangen hat es – wie bei fast allen Nageldesignern – mit YouTube-Tutorials. Sie hat sich alle Utensilien gekauft und „herumgebatzt“, wie sie sagt, bis sie sich entschied, eine Schulung zu besuchen und ein Studio zu eröffnen. Mit weiteren Schulungen und stundenlangem Üben hat sie sich zur Expertin gemausert. Bei ihr bekommt die Kundin Nagelverlängerungen und Naturnagelverstärkungen und natürlich jedes nur denkbare Design.
Karin arbeitet mit Acryl. Dafür werden ein Pulver und eine Flüssigkeit vermischt und auf dem Nagel platziert, mit Fingern und Pinzette geformt, bevor es an der Luft aushärtet. Es folgt die Bearbeitung mit der Feile, bevor Farbe und Steinchen ins Spiel kommen. „Manche Kundinnen kommen mit Bildern, andere sagen einfach ‚Karin, mach!‘“, sagt Karin. Und Karin macht. Als sie vor sieben Jahren mit Nageldesign begann, waren aufwendige Bilder en vogue – und Karin haute sich die Nächte mit dem Malen von Blumen um die Ohren. Dazu mochten die Frauen Glitzersteinchen, Airbrush-Kunstwerke – vom Schneemann bis zu kleinen Tieren brachte Karin alles auf die Nägel. Heute ist das anders, da mögen es die Kundinnen natürlicher. Schlicht und kurz, keine allzu bunten Farben – das ist der Trend, der nun schon über zwei Jahre anhält.
Beschwerdefrei seit der Selbstständigkeit
Eineinviertel Stunden braucht Karin für ein so schlichtes Nageldesign – „aber nur, wenn wir nicht viel ratschen.“ Sie lacht. Das ist selten der Fall. Wie auch Friseur*innen ist Karin diejenige, der die Kundinnen ihre Sorgen und Nöte anvertrauen. Je nachdem, wie schnell die Nägel der Frauen wachsen, sieht Karin sie in drei, vier Wochen wieder. Und ganz wichtig: „Der künstliche Nagel ist kein Werkzeug. Da kann er schon mal brechen und das kann ganz schön weh tun. Aber ansonsten kann man fast alles damit machen,“ sagt Karin.
Außerdem vertreibt Karin Kosmetik der Schweizer Marke Déesse. Dazu besucht sie die Kundinnen daheim, veranstaltet Wellnessabende, bietet Brautschminken an. Für sie selbst ist ihre Arbeit Entspannung. Die Krankheit, die sie vorher kurz angesprochen hat und die sie seit ihrer Jugend begleitet, heißt Morbus Crohn, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Seitdem sie selbstständig ist, lebt sie beschwerdefrei und ohne Medikamente. „Ich geh darin voll auf, kann kreativ und selbstbestimmt arbeiten. Das wird nie eintönig. Ich bin eine, die gern Neues ausprobiert und hab immer das aktuellste Equipment.“ Karin lächelt, um ihre Augen legen sich Fältchen, die von viel Humor erzählen.
„Alle zehn, 15 Jahre brauch ich was Neues“
Den braucht sie auch, wenn sie sich die Geschichten ihrer Kundinnen anhört. Wobei – Karin kennt das ja. Neben ihrem Bürojob hat sie immer bedient, über 15 Jahre lang. „Ich wollte nie blank sein und hab das Geld gebraucht,“ sagt sie. Auch in der Zeit, als ihre Mädels klein waren, hat sie die Abende, Wochenenden, Feiertage genutzt, um ein wenig Geld zur Seite zu legen. „Der Papa war ja da,“ sagt sie. Überall hat sie bedient – in Kneipen, Festl, auf Hochzeiten – nur auf keinem Volksfest, das Ding mit den Maßen war ihr nie geheuer. Heute steht sie nur noch in der narrischen Jahreszeit an der Rundbar der Arnstorfer Faschingsfreunde: „Da haben wir einen Megaspaß.“
Karins Augen leuchten beim Erzählen. Ohne Geselligkeit ginge gar nichts bei ihr: „Jeder runde Geburtstag wird massivst gefeiert.“ Und ohne Herausforderungen wär das Leben auch nichts. „Alle zehn, 15 Jahre brauch ich was Neues,“ sagt sie. Ein großer Traum von Karin ist es, mit der ganzen Familie nach Jamaika zu fliegen. 2022 hat sie sich zzum Ziel gesetzt. Bis dahin wird‘s bestimmt nicht langweilig in Karins Leben – auf dem Anwesen gibt es noch genug Platz, um weitere Wohnungen entstehen zu lassen. Als allernächste Neuerung kommt aber erst mal ein Badefass. Und im Hinterkopf hat Karin eine Fasssauna. „Das wird ein Spaß,“ sagt Karin und lacht rau.
Wir waren die ersten die in der tollen Wohnung Waldblick übernachten durften. Es war ein Traum.😍😊 Ich kann das nur jedem empfehlen, so nett und herzlich wird man selten begrüßt und versorgt.
Ich bin auch in den Genuss von Karin’s Nagelkünsten gekommen, einfach Spitze, die Frau versteht ihr Handwerk.
Wir freuen uns schon sehr auf einen baldigen Besuch bei ihr.
GLG Sabine H-M
Vielen lieben Dank Sabine. Ja ihr wart die ersten Gäste und wir waren sehr nervös und aufgeregt! Wir bekamen aber so viel positive Resonanz von euch und auch von den nachfolgenden Gästen, dass wir heute davon überzeugt sind, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.