Milla Freudenstein: „Groß träumen und denken, dann kommt der Erfolg“

Im Hause Freudenstein duftet es angenehm nach Orange, darunter mischt sich das Aroma frisch gemahlener Kaffeebohnen. Charly hat noch geschwind Croissants vom Nöhamer Bäcker geholt und bereitet Cappuccino aus der Siebträgermaschine zu, bevor er sich mit Milla an den langen Holztisch setzt, um noch ein wenig mitzuplaudern, bevor er sich bis in die Abendstunden neben seine Fahrschüler:innen ins Auto setzt. Charlys Geschichte habe ich vor etwa fünf Jahren erzählt, die Geschichte seiner Fahrschule CharlyF. Nun ist Milla mit ihrer eigenen Geschichte dran, die freilich eng mit der ihres Mannes verwoben ist…

Doch fangen wir ganz von vorne an. Millas Geschichte beginnt in Sibirien. In der Stadt Nowokusnezk ist die heute 40-Jährige geboren, dort hat sie den Großteil ihrer Kindheit verbracht. „Minus 45 Grad, meterhoher Schnee, das war ganz normal. Ich komme bis heute gut mit Kälte klar,“ sagt sie mit einem Lachen. Ihre Großeltern waren Wolgadeutsche, hatten zwölf Kinder. Eins davon war ihre Mutter, die Buchhalterin in höherer Position war, wie Milla erzählt. Der Vater arbeitete unter Tage im Kohlebergwerk. „Für meine Eltern war klar, dass sie langfristig keine Zukunft in Russland hatten. Die Wirtschaft entwickelte sich schlecht.“

„Ich brauche immer eine Herausforderung“

milla-freudenstein-hylaMilla war zehn, als ihre Eltern den Entschluss fassten, als so genannte Spätaussiedler mit ihr und ihrem älteren Bruder nach Deutschland zu gehen. Ihre Tante war ein Jahr zuvor ausgewandert. „Jeder von uns hatte einen Koffer in der Hand. Wir sind mit dem Zug nach Moskau gefahren, waren eine Woche unterwegs. Von Moskau sind wir nach Nürnberg geflogen. Ich finde die Entscheidung meiner Eltern heute sehr mutig. Ich weiß nicht, ob ich das selbst gemacht hätte.“ Von Nürnberg aus ging es weiter nach Simbach am Inn in ein Auffanglager, wo die Tante lebte. Die Eltern machten gleich einen Intensivsprachkurs, suchten und fanden Arbeit, konnten sich schnell eine Wohnung mieten, in Polting. Nach sechs Jahren hatten sie so viel erarbeitet, dass sie sich in Pfarrkirchen ein Reihenhaus kauften, das sie selbst renovierten.

Da war Milla 16, hatte die Mittlere Reife in der Tasche und begann ihre Ausbildung zur Bürokauffrau. Nach dem Abschluss wechselte sie die Firma – hier war Russisch in Wort und Schrift gefragt, Milla wurde mit der Betreuung der russischen Kunden beauftragt. „Ich brauche immer eine Herausforderung,“ sagt Milla und lächelt. Die größte und schönste Herausforderung ist bestimmt ihr Leben mit Charly. Als sie 19 war, lernten sich die beiden kennen – 21 Jahre lang ist das nun schon her. Vor 13 Jahren war Milla dann mit Lea schwanger, „von da ab war ich zwei Jahre lang Vollzeitmama.“

Da es ihr aber wichtig war, auch immer ihr eigenes Geld zu verdienen, suchte und fand sie einen 450-Euro-Job in einem Büro. Während Milla arbeitete, kümmerte sich Charly um Lea, die dann mit drei Jahren den Kindergarten besuchte. 2013 wurde Theresa geboren und ein Jahr später eröffnete Charly die Fahrschule. Milla war von der ersten Minute an dabei – sie im Büro, er hinterm Steuer. Zusätzlich arbeitete sie weiter im Büro, „mir war es auch wichtig, von außerhalb Wertschätzung zu erfahren.“

„Frauen müssen unabhängig vom Mann sein“

milla-freudenstein-hylaBis Corona kam, behielt sie den Job, dann änderte sich vieles. „Im ersten Lockdown kamen wir alle erstmals wieder richtig zur Ruhe,“ erzählt Milla. „Ich habe viel gekocht und fast jeden Tag neue Rezepte ausprobiert.“ Nach der seltsamen Ruhe der ersten Zeit folgten anstrengende Monate. Zum ersten Mal erfuhren die Freudensteins, was Existenzängste sind. Zwar bekamen sie die Überbrückungshilfen, mussten sie aber auch wieder zurückzahlen. Insgesamt vier Auf-und-zu-Phasen hatte der Fahrschulbetrieb, viele logische Lücken beobachtete das Paar und viele Nerven blieben wortwörtlich auf der Strecke.

Heute hat Charly bis auf Milla keine Angestellten mehr, Sorgen macht er sich dennoch keine: „Es werden immer genug Fahrschüler und Fahrschülerinnen da sein – für jede Fahrschule in der Gegend.“ Milla merkte in all der Anstrengung, dass ihr der Dreifachjob nicht mehr gut tat – 450-Euro-Job, Fahrschule und Familie. Sie entschied sich gegen den 450-Euro-Job und atmete etwas auf. An Stillsitzen war dennoch nicht zu denken. „Mir ist es wichtig, meinen Mädels zu vermitteln, dass Frauen unabhängig vom Mann sein müssen, dass sie dafür einstehen, was sie wollen und sich nie unter Wert verkaufen.“ Das Thema Female Empowerment verfolgt sie auf Podcasts, die sie zum Ausgleich hört. Und irgendwie, ja irgendwie kam Milla auch so zu ihrer neuen Passion.

Es begann vor einem Jahr, als sich Milla nach einem neuen Staubsauger umsah. Zuletzt hatten sie einen Zyklonstaubsauger in Gebrauch, der ohne Beutel auskommt. Charly sagt kopfschüttelnd: „Das war nicht der Hit, jeden Tag eine Katze aus dem Ding rauszuholen.“ Und Milla ergänzt: „Trockenfiltersysteme verbreiten Feinstaub. Der bleibt einfach nicht im Filter hängen.“ Sie erinnerte sich an den Staubsauger ihrer Mama, den sich diese vor 26 Jahren zugelegt hatte. Das war ein Wasserstaubsauger, also ein Gerät mit Wasserfilter. Das System erschien ihr schlüssig: Der eingesaugte Staub wird sogleich im Wasser gebunden und kann nicht mehr in die Luft gelangen.

„Don’t call it Staubsauger“

milla-freudenstein-hylaNach dem Tod von Millas Mama wurde dieser Staubsauger an die Tante vererbt. Milla fragte nach und die Tante sagte: „Ja, klar gibt es den Staubsauger noch, der tut nach wie vor seine Arbeit.“ Nach kurzer Recherche im Internet stieß Milla auf Hyla – die Mama hatte den Vorgänger gekauft, der damals noch unter einer anderen Marke lief. Über ein dreiviertel Jahr lang überlegte Milla hin und her, denn seinen Preis hatte das Gerät schon. Was ihr aber auch klar wurde: Das Ding war nicht nur ein Staubsauger. Es konnte weitaus mehr. Nämlich die Luft reinigen, mit ätherischen Ölen selbige erfrischen und anreichern, desinfizieren, mit Meersalz im Wasser ein Reizklima herstellen, Matratzen, Teppiche, Polstermöbel und Autositze tiefenreinigen, Staub wischen mit einem eigenen Bürstenaufsatz, nass saugen und wischen, Abflüsse frei saugen und sogar Fenster putzen.

All das musste auch Charly erst klar werden. „Ich war erstaunt, als ich das Gerät zum ersten Mal gesehen habe,“ gibt er zu. „Ich musste mich erst mal damit befassen. Meine Frau hat Zitronenscheiben ins Wasser geschnitten – wieso? Sie hat es mir erklärt und ich wusste bald, warum die Luft bei uns immer besser wurde. Und kam dann zu dem Schluss: Don’t call it Staubsauger.“ Charly lacht, als er davon erzählt, als er den Hyla als vollwertiges Familienmitglied akzeptiert hat – nämlich, dann, als Milla das Auto reinigte. Erst ihr privates Fahrzeug, dann das Fahrschulauto, in dem sich bis zu neun Fahrschüler:innen täglich einfinden und vor allem im Sommer Schweiß und Schmutz in den Polstern sammeln. Seitdem wird das Fahrschulauto alle zwei Wochen grundgereinigt.

…ein eigenes kleines Business

Dasselbe macht Milla mit den Matratzen. Staub und Milben werden ins Wasser gebunden, durch den Unterdruck platzen Milbeneier, so dass immer weniger Tiere nachschlüpfen können. Seitdem schläft Milla viel besser, sagt sie. Wenn sie an ihre Mädels denkt, ist sie froh, dass die nun nicht mehr all das wegatmen müssen, was sonst so in der Luft herumschwirrt. Charly nickt: „Mich hat als Mann fasziniert, wie das Wasser nach den ersten Reinigungen ausgesehen hat. Richtig schwarz mit einer grauen, schmierigen Schicht oben drauf.“ Damit verabschiedet er sich mit einem Kuss für seine Frau, springt ins Fahrschulauto und wird irgendwann abends wieder da sein.

Milla erzählt weiter. Wie überzeugt sie von der Devise ist, „kaufst Du günstig, kaufst Du zwei, drei Mal.“ Wie nachhaltig ihr Hyla ist – keine teuren Staubsaugerbeutel, nur vier Liter Wasser. Wie sie schon fast verrückt geworden ist, als das Gerät mal drei Wochen zur Wartung aus dem Haus war, weil sie sich alle so an die Luftveränderung gewohnt hatten. Und wie sie schließlich auf den Gedanken kam, ihre eigene Überzeugung weiterzugeben, sich das investierte Geld zurückzuholen und sich ein eigenes kleines Business aufzubauen…

Heute ist Milla „Expertin für Luft- und Raumreinigung“ bei der Hyla Germany GmbH. Sie fährt zu Vorführungen zu den Leuten nach Hause, um ihnen den Mehrwert des Geräts in den eigenen vier Wänden zu zeigen. In einem Umkreis von 80 Kilometern ist sie unterwegs, gut eineinhalb Stunden dauert die Präsentation, in der Woche hat sie mittlerweile vier bis fünf Termine. Sie wird angerufen, angeschrieben oder über Instagram kontaktiert, wo sie die Seite @millas.allrounder pflegt. Kund:innen können auch online sofort kaufen, deutschlandweit gibt es rund 5000 Vertriebspartner:innen. „In meinem Team sind rund 400 Leute,“ erklärt Milla. „Hyla teilt mir Kund:innen zu oder sie kommen über Empfehlungen zu mir oder es gibt Hyla-Partys.“ Was sie selbst davon hat, ist eine Provision.

„Ich brenn echt total dafür“

Sie genießt es, sich selbst alles frei einteilen zu können, was Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich gut möglich macht. „Erst kommt die Familie, dann Hyla, dann die Fahrschule,“ zählt Milla ihre Prioritäten auf. „In meinem Team sind viele Mamas, auch Alleinerziehende.“ Sie denkt nach, nickt, lacht ein wenig: „Ich brenn echt total dafür, mich hat noch nie was so fasziniert.“ Sie freut sich, dass ihr Mann absolut hinter dem steht, was sie macht. Das mag ein wenig altbacken und doch eigentlich völlig selbstverständlich klingen, entspricht aber oft nicht der Realität, auch heute noch nicht, im Jahr 2022. Was die Frau tut, wird von vielen Männern als Zuarbeit angesehen. Und wenn sie das Büro macht, wird das in vielen Fällen auch nicht besonders geschätzt, weil die „eigentliche“ Arbeit im eigenen Unternehmen ja doch der „Chef“ macht.

Charly ist da anders und er sagt Milla das auch regelmäßig. Ganz deutlich ist das auch sicht- und spürbar, wie sich das Paar anschaut – das lässt die Hoffnung keimen, dass es eine echte, gute Liebe doch gibt und dass sie auch so viele Jahre halten kann. „Wir haben leider keine Großeltern und Verwandte in der Nähe, die uns unterstützen können. Die ersten Jahre mit den kleinen Mädels waren schon sehr anstrengend,“ erinnert sich Milla. Zeit für sie und Charly allein ist bis heute sehr rar. Trotzdem versuchen die beiden, sich zumindest abends, wenn die Kinder im Bett sind, zusammen zu setzen und über den Tag zu reden. Milla ist zufrieden, wie sich ihr Leben entwickelt hat. Und sie glaubt fest daran: „Es ist wichtig, groß zu träumen und zu denken – dann kommt der Erfolg.“

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