Bianca und Christoph Maier und ihre freie Werkstatt aus Triftern
Seit 70 Jahren gibt es Auto Maier in Triftern, klein und familiengeführt, so ist es bis heute. Heute leiten Christoph und Bianca das Unternehmen mit dem Anspruch, zeitgemäß und nachhaltig zu sein. Denn das ist durchaus möglich – auch in einer Autowerkstatt. Direkt neben dem Büro führt eine Tür in die gemütliche Küche der kleinen Familie, zu der auch noch Tochter Romy gehört. Aber fangen wir doch mal bei einem Kaffee mit Hafermilch ganz von vorn an…
Von Fuchseck nach Triftern
Man schrieb das Jahr 1953, als Otto Maier die Firma für Landmaschinen gründete. Der Hufschmied traute sich, auf mehr als nur ein PS zu setzen, so war das damals, als der technische Fortschritt die tierischen Arbeitskräfte ersetzte und es noch gar keine Ausbildung zum Mechaniker oder dergleichen gab. Die Familie aus Fuchseck ergriff die Gelegenheit, kaufte das Bauland gegenüber der einstigen Polizeistation und baute die Werkstatt. In den 70ern übernahm Ottos Sohn Rupert, nachdem er 1976 die Meisterprüfung zum Kfz-und Landmaschinenmechaniker abgelegt hatte. Die Technik entwickelte sich weiter, ebenso die Familienlinie und während Rupert in der Werkstatt zugange war und seine Frau Elfi die Büroarbeiten erledigte, wuselte Söhnchen Christoph zwischen Schreibtisch und Werkzeug herum. Von 1979 bis 2000 hatte die Familie eine Toyota-Niederlassung, danach waren sie als freie Werkstatt tätig.
„Ich hatte auch andere Möglichkeiten, wollte aber den Familienbetrieb nicht aufgeben. Eigentlich wollte ich ja Lackierer werden, war aber dann doch froh, bei Auto Neuss in Pfarrkirchen Mechaniker gelernt zu haben. Nach der Lehre wollte ich etwas anderes ausprobieren und habe eine Stelle bei KTM im Motorenbau angetreten. 2007, 2008 habe ich den Meister in Vollzeit bei der Handwerkskammer in Passau gemacht,“ erzählt der 38-Jährige. „Viel Fachtheorie und Praxis war das auf ein Dreivierteljahr. Danach bin ich zurück in den elterlichen Betrieb, den ich am 1. Januar 2016 übernommen habe.“
„Das waren viele Veränderungen“
Der Generationenwechsel ging ganz schnell über die (Hebe-)Bühne, wie Christoph erzählt. „Bis Corona haben meine Eltern noch auf geringfügiger Basis mitgearbeitet und auch jetzt gibt Papa noch gern Ratschläge, die ich sehr schätze. Manche Kunden verlangen den Senior, wenn sie Fragen zu alten Bulldogs oder Autos haben. Da bin ich froh, dass der Papa noch aus seinem unglaublichen Wissen schöpfen kann,“ sagt Christoph. „Nach und nach sind wir jetzt am Modernisieren. Die Zeiten haben sich geändert und wir legen privat großen Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit – so wollen wir auch beruflich leben.“
Bianca nickt. Sie ist die Zugezogene aus Oberbayern, aufgewachsen ist die 37-Jährige in München. Ganz offen gibt sie zu, dass sie zunächst Probleme mit dem Landleben im Rottal hatte. Das war auch der Grund, weshalb sich das Paar trennte und vor allem Bianca keine gemeinsame Zukunft sah. Da die beiden in der Vintage-Szene aktiv waren, sahen sie sich regelmäßig auf Events, dieselbe Musik, dieselben Festivals, unvermeidlich, dass man sich immer wieder begegnete. Als sie sich 2018 in Berlin auf einem Festival trafen, verliebten sie sich erneut, am 1. April war das, kein Scherz.
Jetzt ging alles ganz schnell. Im Juni kündigte Bianca ihre Wohnung in München und im August zogen sie in eine gemeinsame Wohnung nach Pfarrkirchen. Bianca fand eine Stelle in Bad Birnbach. „Das waren viele Veränderungen für uns beide, aber wirklich gut so,“ sagt Bianca. Mit viel Liebe und Verve lebten sie noch ein paar Jahre ihr Vintage-Leben. Christoph sammelte Platten aus den 50ern und 60ern, sie stöberten auf Flohmärkten nach Möbeln, Deko und Keramik und richteten die Wohnung damit ein. Bis sie irgendwann beide feststellten: Die Szene ist irgendwie… unecht, richtet sich nur nach Äußerlichkeiten.
„Ich mache alles andere…“
Heute finden sich noch ausgewählte Möbelstücke und Dekorationen im Haus der Familie, klar lieben sie den Stil der damaligen Zeit noch immer, sie leben die Szene aber nicht mehr. Und klar hat Christoph seine Sammlungen nicht komplett aufgelöst, weil er irgendwie noch daran hängt. „Ich mag auch die Musik noch – aber der Bezug zur Szene ist einfach nicht mehr da,“ sagt Christoph. Als 2020 ihre Tochter Romy geboren wurde, wandelten sich die Prioritäten der beiden nochmal völlig. Sie renovierten das Haus ganz nach ihren Vorstellungen, was sie neben der Arbeit viel Zeit und Mühe kostete. Ja, die Arbeit! Gelernt hat Bianca Hotelfachfrau, danach arbeitete sie als Teamassistentin in München bei einer Firma für Elektronikteile. Im Rottal war sie bei FotoFinder Vertriebsassistentin, bevor Romy kam und sie in der Werkstatt anfing. „Christoph repariert die Autos und ich mache alles andere,“ sagt sie und lacht ihr herzliches Lachen.
Alles andere – das ist unter anderem die Buchhaltung, die Terminplanung, die ganze Organisation, die rund um die Werkstatt anfällt. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal in einer Autowerkstatt lande,“ sagt Bianca. Dann wird sie ernst: „Da ich schon lange umweltbewusst lebe und mir Nachhaltigkeit wichtig ist, hatte ich anfangs meine Probleme, das mit Autos und der Werkstatt zu vereinbaren. Bis mir eine Freundin sagte: ‚Das, was ihr macht, ist doch total nachhaltig. Ihr repariert Autos.'“ Das sehen auch immer mehr Kund:innen so – der Autoverkauf geht seit Corona zurück. Nicht nur Bianca ist nach Triftern gezogen und so kommt auch viel neue Kundschaft auf die Werkstatt zu, was das Paar sehr freut.
Eine Kletterwand in der Werkstatt
Christophs Eltern leben im Haus nebenan. Oma Elfi ist gern für Romy da, Rupert gleich zur Stelle, wenn es um Mechanikerfragen geht. So bleibt die Werkstatt Maier ein Familienbetrieb. „Der Papa hatte viele Lehrlinge,“ sinniert Christoph. Irgendwann hörte sich das auf, jetzt will er die Tradition wieder aufleben lassen: „Für 2023 suchen wir eine:n Auszubildende:n, schon allein weil wir dringend mehrere Hände brauchen.“ Christoph kennt die Probleme seines Berufsstands: Eine äußerst verantwortungsvolle Arbeit ist das und dazu nicht wirklich gut bezahlt. Was Christoph an seiner Arbeit schätzt, ist, dass es nie langweilig wird und immer wieder neue Herausforderungen und Fehler kommen, „auch wenn mich das manchmal fast in den Wahnsinn treibt. Es ist schön, helfen zu können und dann die Freude und Dankbarkeit der Kundschaft zu sehen. Das treibt mich an.“ Ihm selbst ist es wichtig, seinen Job ruhig und ordentlich zu machen, damit am Ende die Kundschaft zufrieden und die Sicherheit gegeben ist.
Ruhe und Ordnung im Kopf braucht Christoph auch bei seiner zweiten großen Leidenschaft. Dazu gebracht hat ihn Bianca, die schon in ihrer Jugend geklettert ist. Als sie Christoph mal spontan mitnahm, war sein Feuer entfacht. Beide sind beim DAV Simbach aktiv, lieben die Berge, das Wandern und gemeinsame Draußensein. Auch die Urlaube verbringen sie gern in den Bergen und als zu Corona-Zeiten gar nichts mehr ging, baute sich Christoph kurzerhand eine Kletterwand in die Werkstatt. Damit war die Zeit erträglicher. Bianca gibt zu, dass sie viele Ängste geplagt hatten, nicht vorm Krankwerden, mehr die Frage betreffend, wohin sich alles entwickle. Romy war noch so klein, dazu die fehlenden Kontakte. Staatliche Hilfen bekamen sie keine, da fühlte sich die Familie ganz schön im Stich gelassen.
Ein Miezi-Bus für ein Stück Freiheit
„Alles ist gut geworden. Es gefällt mir im Rottal gut, ich bin angekommen. Das Haus ist so, wie wir es uns vorgestellt haben, ich gartle gern und wir haben hier alles, um zufrieden und froh zu sein,“ sagt Bianca. 2021 haben die beiden geheiratet, während des Lockdowns im allerkleinsten Familienrahmen. Noch haben sie die große Sause nicht nachgeholt, vielleicht wird noch in diesem Jahr ein Gartenfest daraus. Und da wäre ja auch noch ein anderer guter Grund zum Feiern – 70 Jahre Werkstatt Maier. „Das ist alles noch in Planung,“ sagt Bianca. Derzeit freuen sie sich vor allem über ein wenig Alltag, der eh nie so alltäglich ist, wie gedacht. Freilich hat sich nach Corona alles ein wenig eingespielt. Romy geht in den Kindergarten, die Arbeit läuft, dazu kommen Biancas Eltern zweimal im Monat aus Aichach zu Besuch. Um zu übernachten, haben sie sich eigens ein Wohnmobil zugelegt.
Apropos – jetzt wird es Zeit, Romy vom Kindergarten abzuholen und zwar mit dem Miezi-Bus. So nennt ihre Tochter den Camper, den sie sich kurz nach Corona angeschafft haben. So ist es der kleinen Familie möglich, unabhängig und mit einem kleinen Freiheitsgefühl mal nur ein paar Häuser weiterzufahren. Romy genießt das Reisen damit heute wie ihre Eltern, der Camper ist zu einem weiteren kleinen Zuhause geworden. In die Werkstatt kommen auch immer mehr Wohnmobile und Camper, beobachtet Christoph. Und immer beliebter werden Oldtimer-Traktoren. Die Ersatzteile werden mit dem Trend auch immer teurer – aber die Leute sehen das Ganze als Anlage. Irgendwie ist das ja auch nachhaltig, das Augenmerk aufs bereits Vorhandene zu setzen…
Reparieren statt zu erneuern
Christoph und Bianca haben nach nachhaltigen und umweltverträglichen Optionen gesucht. Im Büro ist es einfach auf „grüne“ Produkte umzusteigen, in der Werkstatt schwieriger, aber wenn möglich benutzen sie ökologische Reinigungsmittel, Mehrwegbaumwolltücher statt blaue Rolle, Bauteile im Austausch. Grundsätzlich ist es in vielen Fällen nachhaltiger zu reparieren, als immer gleich zu erneuern. Kritisch sieht Christoph die Entwicklung der Technik: „Autos sind nicht mehr für Jahrzehnte konzipiert. Und die Sache mit den E-Autos ist ein schwieriges Thema. Klar sind fossile Energien problematisch, die Entsorgung der Lithium-Batterien ist es aber auch. Ich bin ein Fan von Hybrid, Toyota macht das schon seit 20 Jahren gut.“ Wohin die Entwicklung geht, darauf sind Christoph und Bianca neugierig. Jetzt aber ein schnelles vegetarisches Mittagessen in den Backofen und dann nix wie raus in den Miezi-Bus und ab in die Berge…
Tolle Stoy, gute Geschichte. Man weiß oft gar nicht was für Betriebe im Ort angesiedelt sind. Toll die Geschichte, liebe Eva, mehr davon. Liebe Grüße Charlotte