Zwischen Struktur und Kreativität: Die Querfeld Designer Anna Stadler und Michael Ulmer (2)

Nach nur einem Jahr hat sich viel getan bei den Querfeld-Designern Anna Stadler und Michael Ulmer. Es lässt sich nahtlos anknüpfen an die Geschichte des gemeinsam arbeitenden Paares: Mit ihrem Mut, Immobilie und Arbeit anders zu denken, haben sie großen Erfolg bei den ratsuchenden Unternehmen. Anna Stadler und Michael Ulmer sind sich bewusst, dass dem breiten Feld der Arbeitsstrukturen ein enormer Wandel bevorsteht. Warum das so ist, wie sich dieser Wandel vollziehen kann und wie sie selbst über das Arbeiten denken – das erzählen sie im Querfeld-Design-Portrait Teil 2.

„Wir bringen das Dorf zurück in die Stadt“

Es ist ein früher Herbstnachmittag, die Sonne scheint freundlich über Thalhausen – und doch war es morgens frisch genug, dass Anna Stadler den großen Kanonenofen angeheizt hat. Jetzt sitzt sie mit Michael Ulmer und einem guten Kaffee auf dem Sofa und spricht über ein Jahr voller Fortschritte und Entwicklungen. Hinten an den großen Schreibtischen ist Robin Tritschler zugange – eine dieser Entwicklungen. Denn die Querfeld Designer arbeiten mittlerweile zu dritt und sind weiterhin auf der Suche nach Verstärkung – ganz nach dem Motto „Alles kann, nichts muss“. „Die Motivation muss passen und menschlich muss es stimmig sein,“ sagt Michael Ulmer. „Wir nehmen auch gerne Quereinsteiger mit Eigeninitiative und ordnen uns in die Bereiche Immobilienkonzepte und Produktdesign ein.“

Michael Ulmer lächelt zu Anna Stadler hin. Sie lächelt zurück und erzählt von einem aktuellen Projekt. Es heißt sinngemäß „Wir bringen das Dorf zurück in die Stadt“ und soll in Köln umgesetzt werden. Anstatt eines großen weiteren Bürogebäudes mitten in der Stadt sollen viele kleine Häuser entstehen. „Wir haben uns eine völlig neue Struktur innerhalb der Großstadt ausgedacht. Ein Dorf für neues Arbeiten,“ sagt Anna Stadler und Michael Ulmer ergänzt: „Es wird einen Dorfplatz geben, kleine Häuser für verschiedene Arbeitsbereiche und natürlich einen Späti.“ Ganz nebenbei ist neben der neu gedachten Arbeitswelt ein eigenes Produkt entstanden: die kleinen Häuser. Alles selbst gemacht im Hause Querfeld Design. Die Entwicklung der Marke, des Produkts, des Konzepts – alles aus der Hand von drei Köpfen.

„Wir mussten unser Profil schärfen“

Wie sieht die Arbeitswelt von morgen aus? Welche Produkte brauchen wir zukünftig in unseren Büros? Welche Unternehmenskultur soll verfolgt werden? Wie kann sich beispielweise ein Autohaus neu erfinden? Diese Fragen stellen Kunden und wenden sich damit an die Querfeld Designer. „Unsere Aufgabe sehen wir darin, mit dem Kunden neue Möglichkeiten zu denken und neue Geschäftsmodelle zu planen,“ sagt Michael Ulmer. „Es geht nie um eine Immobilie allein. Es geht um Fragen, auf die es zunächst keine konkreten Antworten gibt. Was passiert in der Gesellschaft? Und was wird zeitnah und langfristig passieren?“ Diese Fragen beschäftigen auch das Kreative Unternehmertum, einer munteren Truppe, der Michael Ulmer und Anna Stadler seit knapp einem knappen Jahr angehören. „Wir wollen gemeinsam gesellschaftsrelevante Dinge ins Leben bringen“, sagt Michael Ulmer über die Vereinigung der Experten. Dafür wurde der Lebensbildungs-Campus geschaffen – ein alter Hof in Franken, mit Gasthaus, Werkstatt, Atrium, Denkerschuppen und Pausenplatz.

„Vor einem Jahr waren wir noch viel breiter aufgestellt. Wir mussten unser Profil schärfen und sind jetzt auf einem guten Weg,“ sagt Anna Stadler. Stetige Begleiter waren die Fragen: Was können und brauchen wir? Und was braucht der Markt? Und nicht zuletzt: Was braucht die Region? Anna Stadler und Michael Ulmer haben also ihr Profil geschärft, sie konzentrieren sich „auf immobilienlastige Projekte mit gesellschaftskritischem und provozierendem Hintergrund. Uns geht es auch um die Frage: Was braucht ein Ort?“

„Wie sieht es in zehn Jahren aus?“

Anna Stadlers Mama öffnet die Werkstatttür, in den Händen Teller mit selbstgemachtem Zwetschgenkuchen. „Mama verwöhnt uns immer sehr,“ sagt die 29-Jährige. Auch das Mittagessen bekommt das Paar meist aus dem mütterlichen Kochtopf. Ein Vorteil, auf dem Hof der Eltern zu leben und zu arbeiten. Derzeit wird der Hof um ein Gebäude erweitert – die beiden bauen ein eigenes Haus dazu. Fortschritt in allen Lebensbereichen halt.

Es hat sich herumgesprochen, dass sich die Querfeld-Designer auf besondere Immobilien spezialisiert haben. Zu Ohren kam dies auch einem fränkischen Gewürzhersteller, der auf seinem alten Bauernhof viel Platz hatte – nur keine zündende Idee, wie er ihn nutzen könnte. Genau das Richtige für Anna Stadler und Michael Ulmer. Warum keinen Zukunftsort für die Lebensmittelindustrie draus machen? Anna Stadler schaut auf die Regalrückwand hinter dem Sofa, die mit Plänen beklebt ist. Darauf ist skizziert, wie das Paar das wirtschaftliche Konzept mit der Immobilie in Einklang bringt. Künftig werden sich dort Köche, Landwirte, Gastronomen, Gewürzsommeliere und andere Fachleute aus dem kulinarischen Bereich austauschen. „Unseren Kunden interessierte die Frage, wie denn die Lebensmittelindustrie in zehn Jahren aussehen kann,“ sagt Michael Ulmer.

Kaminabend statt Design-Kiosk

Das gilt für Stadt und Land gleichermaßen. Darum sind die Querfeld-Designer nicht nur in den großen Städten unterwegs, sondern auch auf dem Land – und damit im Rottal. „Es gibt auf jeden Fall Bedarf in der Region,“ sagt Michael Ulmer. Um den Rottalern einen kleinen Einblick in ihr Schaffen zu geben, veranstaltete das Paar anfangs regelmäßig einen Design-Kiosk – eine Art Tag der offenen Tür. „Der war etwas zu zufällig,“ befanden die beiden und luden im Sommer 2018 erstmals zu einem Kaminabend, bei dem die zentrale Frage lautete: „Was braucht das Rottal?“ Zu Gast war ein gutes Duzend Interessierter, der Austausch war lebhaft und das Fazit lautete: „Das machen wir wieder.“

Diese Offenheit ist es, die die Querfeld-Designer ausmacht. Sie trauen sich, was auszuprobieren, wollen gern eine Plattform für Denkansätze und Ideen bieten, setzen auf das gemeinschaftlich Erarbeitete. „Schlechten Kaffee und Häppchen braucht kein Mensch mehr – ebenso wenig wie eine Frontalbespielung,“ sagt Michael Ulmer, der mit Anna Stadler gern für Vorträge gebucht wird, die er lieber als offenen Diskurs gestaltet.

Der „Dritte Ort“ – eine Hütte im Obstgarten

„Man muss sehr strukturiert sein, um wirr denken zu können,“ sagt Michael Ulmer, der vor einem Jahr zugegeben hat, dass er der Kreative und Anna Stadler die Strukturierte ist. Damit ergänzt sich das Paar bestens. Ideen und Gesprächsstoff gehen den beiden nie aus. Und nach wie vor finden sie, dass das Land der beste Ort für sie ist. Einmal haben sie kurz damit geliebäugelt, ein zweites Büro in Regensburg oder Nürnberg zu eröffnen. Der Gedanke an das trubelige Stadtleben ließ sie die Idee einstimmig verwerfen. „Wir sind eh viel in Städten unterwegs – und die Kunden kommen auch gern zu uns,“ sagt Anna Stadler. „Sie fragen zwar nach drei Minuten, warum hier kein Netz ist – freunden sich aber schnell mit der Tatsache an.“

Den WLAN-Schlüssel geben Michael Ulmer und Anna Stadler nicht aus der Hand. Da bleibt mehr Raum zum Runterkommen, mehr Raum für frische neue Gedanken. Und weil neue Gedanken gern mit einem Ortswechsel kommen, gibt es in Thalhausen nun einen „Dritten Ort“ – eine Hütte mitten im Obstgarten mit Blick auf Felder und Wald. „Das ist unser dritter Ort, hier machen wir mit den Kunden Workshops und hier verbringen wir gern unsere Freizeit,“ sagt Michael Ulmer. Er lacht: „Wir verkaufen unseren Kunden die Ideen von unkonventionellen Immobilien und Büros – also müssen wir auch bei uns selbst damit anfangen.“

Wir gehen nach draußen und besuchen diesen „Dritten Ort“ – ein Konzept, das besagt, dass zwei Orte, einer fürs Leben und einer fürs Arbeiten, eben nicht reichen. Die Hütte ist so ein Dritter Ort, es kann aber auch die Natur bei einem Spaziergang sein. Oder ein anderer Lieblingsplatz, sei es eine Bank im Wald oder ein Café. Michael Ulmer und Anna Stadler setzen sich auf die Bank vor der Hütte und erzählen von ihren Anfangszeiten.

„Ich hab nachgedacht“

„Das erste Jahr war ein anstrengendes Gründungsjahr,“ sagt Anna Stadler rückblickend. „Aber enorm abwechlsungsreich,“ ergänzt Michael Ulmer. Zu zweit ging dem Paar die Arbeit nicht aus – auch Wochenenden und Abende waren ausgefüllt mit geschäftigem Tun und Denken. Die privaten Gespräche drehten sich hauptsächlich um die beruflichen Projekte. „Erst seit gut einem halben Jahr sind wir konsequent mit unserem Feierabend – der zwar spät beginnt, aber den es immerhin gibt,“ sagt Anna. „Und auf Wochenendarbeit verzichten wir mittlerweile.“ Sie muss lachen und Michael Ulmer lacht mit. Wer ein Haus baut, weiß ja, wie das so ist mit Wochenenden.

Über die Frage, was sie denn heute schon gemacht haben, müssen die beiden lachen. „Buchhaltung,“ sagt Anna Stadler ganz konkret. „Ich hab nachgedacht,“ sagt Michael Ulmer. „Über die sieben Elemente des Raums. Über Klang, Geruch, Lichttemperatur.“ Und schon ist er mitten in seinem eigenen Element: „Gestalt ist nicht nur subjektiv. Vieles ist erlernt. Und Schönheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Darum kann nicht immer nur die Funktionalität von Dingen im Vordergrund stehen.“ Michael Ulmer denkt weiter, spricht über Mikroarchitektur und über die spannende Methode des Mikrotrekking: Dabei wird geschaut, was im Radius von 500 Meter los ist. Der 43-Jährige kriegt die gedankliche Kurve und schwenkt den Blick in die Zukunft: Denn wie wird das Geschehen um einen herum in wenigen Jahren aussehen? Wie wird sich die Digitalisierung ausgewirkt haben? „In den fetten Jahren wäre es möglich, was zu tun,“ sagt er und ist sich sicher: „Die Dinge lassen sich nur von unten heraus ändern, in kleinem Maßstab durch reden und machen.“ Und er zitiert einen Lieblingswitz von Anna Stadlers Papa: „Wie isst man Elefanten? Stück für Stück.“

Anna Stadler blinzelt in die Sonne. Der Apfelbaum neben der Hütte biegt sich unter der Last seiner Früchte. Der Acker wurde frisch gepflügt von ihrem Papa und die Erde duftet. In der Hühnerweise nebenan schimpft der Gockel. Ansonsten ist es schön still. „Hier ist vieles toll,“ sagt Michael Ulmer. „Wir können gut auf unsere Lebensqualität achten und kaufen regional ein.“ Mit so einem stärkenden Hintergrund lässt sich vieles leichter schaffen. Die Arbeit wird den Querfeld-Designern jedenfalls nicht so schnell ausgehen, so viel ist gewiss. Denn: „Wer lebendig ist, kommt nicht umhin, sich mit Zukunftsfragen zu beschäftigen. Und da kommen wir ins Spiel.“

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Anna Stadler und Michael Ulmer

Telefon: 0175-735 35 45
Anschrift: Thalhausen 2
94424 Arnstorf

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